Nach dem Desaster von The Cartel besinnt sich der Entwickler Techland auf seine Wurzeln und liefert einen weiteren Western-Shooter ab – aber nur als Download-Titel.
Mit Call of Juarez: Gunslinger möchte der polnische Entwickler Techland seine Western-Reihe wieder zu alter Stärke zurückführen. Das ist auch bitter nötig, dürften die meisten Spieler doch noch den schalen Nachgeschmack von The Cartel aus dem Jahr 2011 im Mund haben, das Themen des Wilden Westens in eine technisch katastrophal umgesetzte Gangster-Mär samt klischeebelasteter Banden- und Drogenkriege versetzt hatte. Preisbewusste Skeptiker freuen sich zudem über die Tatsache, dass Gunslinger nicht als Vollpreisspiel in den Handel kommt, sondern als Download-Titel für Xbox Live Arcade, Playstation Network und PC. Das actionreiche Ticket in die Vergangenheit ist also recht günstig zu erwerben.
Nach einigen Anspielrunden können wir uns einen ersten, durchaus positiven Eindruck vom Spiel machen. Gunslinger präsentiert sich als überaus linearer Ego-Shooter, in dem der Spieler stets an kurzer Leine gehalten wird: In der Rolle des in Ehren ergrauten Kopfgeldjägers Silas Greaves blicken wir zurück auf die Highlights aus 20 Jahren Western-Ballerei und halten uns dabei nicht mit der freien Spielwelt oder zahlreichen Nebenmissionen auf. Stattdessen kommt Silas gleich zur Sache – und der Spieler damit schnell zum Abzug: Aus dem Off schildert uns der Kopfgeldjäger, wie es damals wirklich war mit Billy the Kid und Butch Cassidy, während wir uns durch die Geschichte ballern.
Mit Tunnelblick durch den Wilden Westen
Der spielerische Kniff mit dem Off-Erzähler, den vor kurzem auch Gears of War: Judgment nutzte, wird dabei von Entwickler Techland geschickt und durchaus witzig eingesetzt. Viele Passagen werden nach dem ersten Durchspielen korrigiert: »Nein, so ist das doch gar nicht passiert!« Und schon darf man die Szene noch einmal mit anderem Ausgang nachballern. Oder die ganze Spielgrafik ändert sich plötzlich, wenn dem etwas verkalkten Silas zum Beispiel einfällt, dass an dem Tag statt eitlem Sonnenschein ja dichter Nebel herrschte. Nicht nur diese Gedächtnislücken sorgen für Kurzweil, auch die Schauplätze sind ziemlich abwechslungsreich gemischt.
Biegsam wie Neo
Die Action selbst erinnert in vielen Momenten an klassische Light- gun-Shooter wie Virtua Cop oder Time Crisis statt an die eigentlichen Serienvorgänger. Zwar kann man sich Ego-Shooter-typisch frei bewegen, aber viele der Schauplätze sind so linear und schlauchig gehalten, dass wir uns nicht wundern würden, wenn links und rechts des Weges Absperrbänder flattern würden. Damit der typische Shooter- Dreikampf (schießen, nachladen, Munition sammeln) nicht zu langweilig wird, gibt es den netten Konzentrations-Modus, bei dem natürlich jeder Spieler mit mehr als zwei Wochen Spielerfahrung reflexartig »Bullet Time« brüllt. Doch der begrenzt einsetzbare Konzentrations-Modus bietet mehr als nur eine schnöde Zeitlupe zum besseren Anvisieren der gegnerischen Trefferzonen.